Gebietsliga Nord/Nordwest

Sieghartskirchen – Nach Ausstieg folgt der Neustart: „Der Verein ist viel mehr als nur eine Kampfmannschaft“

Der SV Sieghartskirchen hat am 3. Jänner den Ausstieg aus der Gebietsliga Nord/Nordwest bekanntgegeben. „Der Kader war zu stark voneinander abhängig. Wenn der Spieler A bleibt, dann bleibt auch der Spieler B und dann der Spieler C. Wenn sich die Spieler A, B und C verabschieden, dann löst sich die Mannschaft auf. Wir haben den Fehler gemacht zu viel Verantwortung einzelnen Personen zu übertragen.“, erklärt einer der neuen Vereinsverantwortlichen Oliver Strobl.

Von Hochwasser über sechsstellige Schadensbeträge bis hin zum „Supergau“

Die gesamte Geschichte startet im September des Vorjahres, als in weiten Teilen Ostösterreichs Unwetter ihr Unwesen treiben. Sieghartskirchen war eine der Ortschaften, die am heftigsten vom Hochwasser betroffen war. Somit trafen die Folgen auch den örtlichen Fußballverein. Heizung, Küche, Kantinen, Kabinen, Banden, Werbetafeln, sowie viele weitere Bereiche waren stark beschädigt. Das größte Problem stellten die beiden Rasenplätze dar. Hier wurde bei einem ersten Gutachten ein Schaden in Höhe von 250.000 Euro berechnet. Die erste Reaktion neben Schock war die Erkenntnis, den Spielbetrieb sofort einstellen zu müssen. Nach zahlreichen Gesprächen zwischen Vorstand, sportlicher Führung und Mannschaft einigte man sich darauf, vorerst ohne Gehalt den Betrieb fortzuführen und der Gebietsliga erhalten zu bleiben. Der SV Sieghartskirchen wich in den folgenden Heimspielen auf einen Ersatzplatz in Purkersdorf aus.

Nach mehreren intensiven Wochen der Aufräumarbeiten und finanzieller Unterstützung durch Versicherung, Spenden und Gemeinde konnte das Meiste repariert und wiederhergestellt werden. Für Erleichterung und Euphorie sorgte schließlich noch ein zweites Gutachten zu den Sportplätzen. Dieses zeigte, dass der Schaden doch nicht so groß sei, wie zunächst befürchtet. Der Spielbetrieb für Kampfmannschaft, U23 und Jugend schien für das Frühjahr gesichert. Abgänge von wichtigen Schlüsselspielern wie Marin Azdajic bedeuteten allerdings einen massiven Verlust für das Team vom damaligen Trainer Jürgen Boisits. Zunehmend mehr Akteure waren von den Vereinsplänen nicht mehr überzeugt. Gespräche mit den Spielern blieben erfolglos. In weiter Folge hat schließlich der Sportliche Leiter Sinisa Kulic seinen Abgang bestätigt. „Wir hatten einen Sportlichen Leiter, der auch Tormanntrainer war und sich mit allen verstanden hat und alle Spieler gut im Griff hatte. Er ist weg und deswegen sind dann eigentlich alle gegangen. Nicht umsonst spielen jetzt sieben Spieler in Gablitz.“, schildert Strobl seine Sicht der Dinge. Dieser Abgang brachte schließlich einen „Dominoeffekt“ mit sich, sodass laut ÖFB-Website heute nur noch vier Spieler im Kampfmannschaftskader von Sieghartskirchen stehen. Die meisten davon kommen aus dem eigenen Nachwuchs. Am 3. Jänner war die Gewissheit perfekt: Der SC Sieghartskirchen kann keine Kampfmannschaft für die Frühjahrssaison in der Gebietsliga stellen, sodass der sofortige Ausstieg aus der Meisterschaft folgte.

„Der Verein lebt“

Die Maßnahme, dass aktuell kein Spielbetrieb herrscht, solle nur von kurzer Dauer sein. „Uns ist wichtig, dass wir im Herbst wieder eine Kampfmannschaft haben, damit die Jugend auch das Ziel verfolgen kann, einmal in der Kampfmannschaft zu spielen. Wir als Vorstand sehen das aber relativ entspannt, ob wir in der 1., in der 2. Klasse oder in der Gebietsliga spielen. Am Ende des Tages ist der Verein dazu da, dass ein gesellschaftliches Leben funktioniert. Man sieht zudem, dass die wenigsten Leute, die zu uns in Stadion kommen wirklich wissen, in welcher Liga wir gerade spielen. Wir wollen den Vorteil in der gesamten Geschichte sehen. Wir werden mehr Derbys haben. Die Stadien werden wieder voller sein.“

Die Kritik aus dem Ort selbst hält sich in Grenzen, Zweifler gibt es allerdings trotzdem genug. „Viele sagen, dass der Verein nicht mehr existiert. Nein, das stimmt nicht. Der Verein ist viel mehr als nur eine Kampfmannschaft. Ein wichtiger Teil des Vereins pausiert jetzt, das stimmt. Organisatorisch funktionieren wir sehr gut. Man muss nur schauen, wie viele Veranstaltungen wir in den nächsten sechs Monaten geplant haben. Wir haben ein Gschnas, wir haben ein Ostercamp für Kinder, ein Pfingstturnier, mehrere Camps. Wir haben ein eigenes Maskottchen für die Kinder kreiert und vieles mehr. Zudem haben wir noch die Jugend, die mit 160 Kindern wichtiger den je geworden ist.“

Es sei eine Euphorie am Entstehen, wie Oliver Strobl berichtet. Zusätzlich soll man bereits einen neuen Trainer haben, von dem man allerdings erst in einigen Wochen was erfahren werde. Das oberste Ziel ist es jedenfalls nun, eine Mannschaft stellen zu können. „Das erste und wichtigste sportliche Ziel ist, dass wir bis spätestens 30. Mai eine ganze Mannschaft beim niederösterreichischen Fußballverband melden. Im besten Fall auch eine Reserve. Wir wollen den Fokus zusätzlich mehr auf die Jugend setzen. Von Quantität zu Qualität lautet das Motto. Wir haben viele Kinder und jetzt müssen wir sie nach Qualität sortieren.“

Zehn bis zwölf Spieler trainieren bereits zweimal wöchentlich. Der Kader formt sich: „Die kommen teilweise aus der Reserve. Viele, die einmal gegangen sind, kommen wieder zurück. Sie haben jetzt natürlich alle nicht mehr die Qualität, die wir davor gehabt haben. Der neue Trainer wird aber auch neue Spieler mitbringen. Wir sind sehr zuversichtlich, dass wir eine Mannschaft für die 2. Klasse bereitstellen können.“

„Die Jungen in die erste Reihe und die Erfahrenen in die zweite“

Zusätzlich zu diesem sportlichen Neustart will der Verein auch den Vorstand reformieren. „Wir haben die Jungen in die erste Reihe gestellt und die Erfahrenen in die zweite. So soll der Neustart symbolisiert werden. Der Verband hat uns auch geraten, dass man schauen soll, dass der Vorstand ständig verjüngt wird. Existiert einmal kein Vorstand, dann gibt es auch keinen Verein mehr und dann stehen 160 Kinder ohne Verein da. Das hat bei uns auch große Priorität.“, so Oliver Strobl. Er selbst war bis vor kurzem noch Kassier beim Verein, jetzt ist er Kassier-Stellvertreter und Jugendleiter, in Zukunft vielleicht noch mehr, wie der neue Obmann Wolfgang Lebel anklingen ließ.

Durch den Ausstieg von Sieghartskirchen aus der Gebietsliga Nord/Nordwest wurden alle Spiele mit deren Beteiligung annulliert und somit bei den siegreichen Vereinen und jenen, gegen die man unentschieden gespielt hat, Punkte abgezogen. Dadurch hat der Spitzenreiter Hohenau nur noch einen Zähler, statt bislang vier, Vorsprung auf den ersten Verfolger Leopoldsdorf. „Es ist schade und tut mir für die Mannschaften auch Leid. Ich hoffe, dass der Umstand keinen großen Einfluss auf das Ergebnis haben wird. Der Beste soll es sich auch verdient haben. Trotzdem bin ich für Sieghartskirchen verantwortlich. Wir haben uns dazu entschieden, dass es keinen Sinn macht, mit einer zweitklassigen Mannschaft aus irgendwelchen Menschen in der Gebietsliga zu spielen. Das hätte unseren Verein genau gar nicht genutzt und ich glaube, dass es für die anderen auch nicht sehr lustig gewesen wäre. Ich persönlich finde die Statuten auch sportlich unfair geregelt. Ich würde mir auch wünschen, dass die Spiele nicht annulliert werden, aber das sind die Regeln des niederösterreichischen Fußballverbandes.“, zeigt Oliver Strobl Verständnis. Die Konzentration liegt nun auf dem Neustart des SV Sieghartskirchen.