Der Absteiger der vergangenen Saison in der 2. Landesliga SC Herzogenburg liegt nach dem Herbst auf dem dritten Platz der Gebietsliga West, punktegleich mit Spitzenreiter Hainfeld. Trainer Reinhard Dietl ist dementsprechend zufrieden. „Als Absteiger kann man nicht den Anspruch stellen, sofort wieder aufzusteigen, aber nach diesem Herbst ist es jetzt das Ziel. Wir spielen eine große Rolle.“, blickt der Coach optimistisch auf das Frühjahr.
Im Dezember hat Dietl in einem Ligaportal-Interview bereits von einer mehrstufigen Zielsetzung gesprochen. Dabei ist er nun konkreter geworden. „Das kurzfristige Ziel war es, die Mannschaft zu stabilisieren. Das ist uns, wie die Leistungen gezeigt haben, gelungen. Mittelfristig wollen wir den Aufstieg in die 2. Landesliga schaffen und unser Spielermaterial regionaler gestalten. Wir wollen sagen können, dass wir die besten Spieler aus der Region haben. Langfristig wollen wir vor allem auf den Nachwuchs schauen. Unser Plan ist es, jedes Jahr einen unserer Jugendspieler in die Kampfmannschaft zu integrieren. Wenn uns das gelingt, wäre das top.“
Speziell die „Regionalität“ ist dem Trainer besonders wichtig. Er sieht dabei einen raschen Aufstieg in die 2. Landesliga als „Vorteil“. „Meine Erfahrung zeigt, dass wir es in der 2. Landesliga um ein Vielfaches einfacher haben werden, Spieler aus der unmittelbaren Region zu kriegen. Wir haben bereits einige Gespräche geführt und alle diese Spieler haben gesagt: ‚Wenn ihr in der 2. Landesliga spielt, dann haben wir Interesse über eine Zusammenarbeit zu reden. Nicht falsch verstehen: Wir schätzen alle unsere Spieler, die aus Wien, aus der Slowakei und sonst woher kommen, aber auf Dauer kann das keine Lösung für uns sein. Wir möchten mehr Identifikation mit dem Verein und mit der Region.“
Die Vorbereitung ist von Reinhard Dietl und seinem Trainerteam in zwei essenzielle Phasen unterteilt. Die erste war konditionell geprägt und in der zweiten stehen nun die spielerischen Abläufe im Vordergrund. Aus den bisherigen drei Testspielen haben sich drei unterschiedliche Bilder ergeben. „Wir basteln noch an der idealen Formation. In der Wintervorbereitung sind Trainings immer schwieriger. Unser Zentrum ist mit drei Spielern komplett neu besetzt. Im ersten Testspiel hat es überraschenderweise sehr gut funktioniert, im zweiten gar nicht und im bislang letzten war die Leistung wieder in Ordnung. Wir sind spielerisch noch nicht dort, wo wir sein wollen. Das braucht noch etwas Zeit, aber ich bin optimistisch, dass das die nächsten zwei Wochen passiert.“
Herzogenburg hat im Winter vier Abgänge verkraften müssen, die alle aufgrund von „privaten Interessen“ passiert sein sollen. Dazu zählen unter anderem Miguel Mlikota und Tarik Handzic. Beide zählten im Herbst zum Stammpersonal. Diese Abgänge versuchen die Verantwortlichen mit drei Neuzugängen zu kompensieren. Darunter finden sich zwei Brasilianer: Romulo Silva Santos und Lucas Eduardo Ramos sind beides zentrale Mittelfeldspieler, die auch über die Flügel aktiv werden können. „Sie haben ihre Qualitäten, aber sie haben einen eigenen Spielstil. Sie spielen gerne ein bisschen Freigeist, sie sind sehr kreativ. Disziplin und Ordnung müssen wir ihnen noch ein wenig beibringen. Wir haben unsere Spielweise aufgrund des neuen Spielermaterials angepasst. Wir werden weniger körperbetont spielen, dafür technisch umso feiner. Wir haben zwei klare Strukturen ausgearbeitet, an die wir uns vor allem defensiv halten wollen.“ Im Frühjahr kann man davon ausgehen, dass Herzogenburg ballbesitzorientierter auftreten wird.
Die Ausgangsposition in der Gebietsliga West könnte spannender kaum sein. Die ersten drei, inklusive Herzogenburg, besitzen alle dieselbe Punkteausbeute. Alles in allem liegen die ersten Sechs innerhalb von nur sechs Zählern. Auf einen Topfavoriten will sich Dietl nicht festlegen. „Ich will niemanden schwach oder stark reden. Ich habe vor jedem Respekt. Alle haben das Zeug. Wir konzentrieren uns auf uns selbst. Wir haben 13 Spiele und ich glaube es wäre nicht verwegen, wenn wir sagen, dass wir so lange wie möglich oben mitreden möchten.“
Neben der Tätigkeit des Cheftrainers in Herzogenburg besitzt Reinhard Dietl auch eine weitere wichtige Rolle. Er ist Leiter der Tormanntrainerausbildung in der ÖFB-Frauenakademie in St. Pölten. „Ich darf das schon zehn Jahre lang machen. Das heißt, ich habe alle Nationalteamtorfrauen quasi im täglichen Training. Was mich sehr freut, ist, dass von allen Torfrauen zumindest 50 Prozent ins A-Nationalteam integriert wurden und 50 Prozent den Sprung ins Ausland geschafft haben.“ Auch eine Tätigkeit als Tormanntrainer auf Profiniveau ist für Dietl nicht ausgeschlossen. „Das ist immer Thema. Dreimal durfte ich auf diesem Niveau hineinschnuppern. Einmal bei Horn interimistisch und zweimal beim Frauen-A-Nationalteam. Aber bis jetzt ist noch kein Angebot spruchreif gewesen. Falls wer Interesse hat, kann er sich gerne melden, aber mit Nachdruck suche ich nicht.“
Die Realität lautet nun: Gebietsliga mit Herzogenburg. In einem Monat wird die Meisterschaft wieder fortgesetzt. „Erfahrungsgemäß ist das erste Spiel immer eines der grauslichsten. Auch wegen den Platzverhältnissen. Es ist immer ein Abtasten und nicht zuletzt gewinnt oft auch der Glücklichere, aber für das Glück muss man arbeiten.“
Zum Auftakt muss das Team nach Spratzern. Der Neunte der Liga erhält keine Sonderbehandlung. „Wir gehen in das Spiel, wie in jedes andere. Wir werden sie in den Testspielen ein bis zwei Wochen vor dem Spiel genauer beobachten und daraus Schlüsse ziehen. Ich erachte das in unseren Ligen aber nicht als extrem wichtig, weil meistens eine Mannschaft ein Grundkonzept und zwei, drei gute Spieler hat, die herausragen. Ich glaube man sollte sich viel mehr auf sich selbst konzentrieren. Wenn man selbst ein gutes Offensivkonzept hat und defensive Disziplin, dann ist das schon die halbe Miete. Da kommt man in der Gebietsliga schon sehr weit.“, bleibt Reinhard Dietl auf das eigene Team konzentriert.