Gebietsliga Nord/Nordwest

Abstiegskampf statt Meisterkampf – Wie ein plötzlicher Ligawechsel Gablitz zum Stolperstein wurde!

Der SV Gablitz hat die wohl turbulentesten Wochen von allen niederösterreichischen Gebietsliga-Mannschaften hinter sich. Nach einer schwierigen vergangenen Saison, in der man in der Gebietsliga Nordwest/Waldviertel gegen den Abstieg spielte, wollte man heuer ganz vorne angreifen. Allerdings wurde ihnen ein unerwartet erzwungener Ligawechsel in die Gebietsliga Nord/Nordwest zum Verhängnis. Somit lautet das Ziel heuer nicht mehr Aufstieg, sondern Klassenerhalt – der Sportliche Leiter und Torwart Sinisa Kulic klärt auf!

„Alles umstellen, neue Gespräche führen, Spieler überzeugen zu bleiben“

Ligaportal: Herr Kulic, danke fürs Zeitnehmen. Blicken wir zuerst auf den bisherigen Saisonstart: Fünf Spiele, sechs Punkte – wie fällt Ihr Zwischenfazit aus?

Sportlicher Leiter & Spieler Sinisa Kulic: Im Großen und Ganzen ist die Bilanz positiv, vor allem wenn man bedenkt, was in den letzten Monaten alles passiert ist. Es war ein turbulentes halbes Jahr, und dafür ist der Start in Ordnung. Natürlich ist noch nichts erreicht, aber angesichts der Umstände können wir zufrieden sein.

Ligaportal: Sie sind ja im Winter nach Gablitz gekommen – erzählen Sie kurz, wie es dazu kam.

Kulic: Genau, ich bin im Winter von Sieghartskirchen nach Gablitz gewechselt – als Sportlicher Leiter und Tormann. In Sieghartskirchen war der Spielbetrieb wegen der Überschwemmung und anderen Problemen eingestellt worden, und zu dem Zeitpunkt wusste niemand, wie es weitergeht. Ich hatte eigentlich schon mit dem Fußball abgeschlossen, wollte meine aktive Karriere beenden. Aber dann hat mich der Präsident von Gablitz angerufen. Er meinte, er wisse, was ich in Sieghartskirchen aufgebaut habe, und dass er mich gerne holen wollen würde. Gablitz suchte jemanden, der das sportliche Konzept neu aufbaut und Struktur reinbringt.

Das Projekt, das mir vorgestellt wurde, hat mich sofort begeistert. Es war ähnlich wie in Sieghartskirchen – dort hieß das Ziel „Mission 2026“, also in dem Jahr um den Meistertitel mitzuspielen. In Gablitz wollte man ein ähnliches Projekt für 2027 starten. Ich fand das spannend, weil ich gerne an langfristigen Entwicklungen arbeite, wo man wirklich etwas aufbauen kann.

Ligaportal: Und dann kam aber der unerwartete Ligawechsel im Sommer.

Kulic: Ja, genau. Nachdem wir den Klassenerhalt am letzten Spieltag geschafft hatten, kam am nächsten Tag die Nachricht, dass wir die Liga von der Gebietsliga Nordwest/Waldviertel zur Gebietsliga Nord/Nordwest wechseln müssen – obwohl wir das nie wollten. Das war ein Schock. Unser gesamtes Konzept, unsere Transfers, sogar die Sponsorenverträge waren auf die ursprüngliche Liga ausgerichtet. Wir mussten plötzlich alles umstellen, neue Gespräche führen, Spieler überzeugen zu bleiben, und einige haben sich trotzdem verabschiedet. Das Problem war, dass wir heuer um den Aufstieg mitspielen wollten und ich bin davon überzeugt, dass uns das in der anderen Liga auch gelungen wäre. Die Gebietsliga Nord/Nordwest ist aber um einiges stärker und qualitativ hochwertiger, weshalb wir heuer nicht um den Aufstieg mitspielen werden können, sondern realistischerweise um den Klassenerhalt in erster Linie – das ist schon niederschmetternd.

Testspielgegner waren auf einmal Ligakontrahenten

Ligaportal: Wie hat sich das auf die Vorbereitung ausgewirkt?

Kulic: Das war natürlich eine Katastrophe. Wir haben spät Gewissheit bekommen, erst Ende Juni, und mussten Anfang Juli mit einer halben Mannschaft starten. Einige Testspiele sind ausgefallen, weil wir plötzlich gegen Ligakonkurrenten geplant hatten, die dann absagten. Trotzdem haben wir versucht, das Beste daraus zu machen. In der Liga hatten wir dann Licht und Schatten – gegen Lassee unglücklich verloren, gegen Muckendorf gewonnen, gegen Mannsdorf spät Punkte liegen gelassen. Und dazu kamen Spielabsagen wegen Regen oder fehlendem Flutlicht.

Ligaportal: Also ein ständiges Auf und Ab.

Kulic: Ja, genau. Es war ein Wechselbad der Gefühle. Gegen Tulln zum Beispiel, trotz fünf Ausfällen, haben wir richtig gut gespielt. Das zeigt, dass in der Mannschaft Potenzial steckt. Unser Ziel bleibt aber klar: Wir wollen nichts mit dem Abstieg zu tun haben. Wenn wir uns im Herbst stabilisieren, ist vielleicht noch mehr möglich.

Ligaportal: Wie sehen Sie die aktuelle Entwicklung des Vereins?

Kulic: Wir haben in den letzten zehn Monaten extrem viel bewegt. Strukturen geschaffen, Verantwortlichkeiten klarer verteilt, den Nachwuchs eingebunden. Natürlich gibt es Reibungen, nicht jeder war mit den Veränderungen glücklich, und dadurch hatten wir auch einige Abgänge. Aber im Großen und Ganzen haben wir einen deutlichen Schritt nach vorne gemacht.

Ein Mann aus den eigenen Reihen soll Gablitz zurück zum Erfolg führen

Ligaportal: Besteht theoretisch die Möglichkeit, dass Gablitz im Sommer wieder die Liga wechselt?

Kulic: Nein, das ist ausgeschlossen. Wir wurden nicht gefragt, und uns wurde auch nichts erklärt. Der Verband hat entschieden, und wir müssen das akzeptieren. Ein erneuter Wechsel würde nur Chaos bringen – sportlich, finanziell und personell. Wir bleiben also in dieser Liga und richten alles danach aus. Was die Zukunft bringt, werden wir sehen.

Ligaportal: Sie haben im Frühjahr den Trainer gewechselt – und mit Martin Dorner einen aus der eigenen Reihe als Cheftrainer engagiert. War das so von Beginn an geplant oder wollten Sie eigentlich doch eine externe Person als Coach?

Kulic: Das war eine gemeinsame Entscheidung. Wir haben uns damals von unserem Trainer getrennt, und ich wollte jemanden aus den eigenen Reihen. Martin Dorner war sofort mein Favorit. Er war U23-Trainer, hat selbst lange auf hohem Niveau gespielt und kennt den Verein in- und auswendig. Ich habe ihn gefragt, ob er sich das vorstellen kann – und er hat zugesagt. Er macht das großartig, bringt Fachwissen und Ruhe rein. Dass er gerade die UEFA-B-Lizenz macht, zeigt, dass er ehrgeizig ist – und war auch wichtig, damit der Verband ihn als Cheftrainer akzeptiert.

Ligaportal: Als nächstes geht es auswärts gegen Poysdorf. Ein sogenanntes Sechs-Punkte-Spiel?

Kulic: Absolut. Solche Spiele sind immer die schwierigsten, weil viele unterschätzen, wie unangenehm es ist, dort zu spielen. Wir wissen, dass das kein Selbstläufer wird, aber wenn wir unsere Leistung bringen, bin ich überzeugt, dass wir punkten. Für uns geht es darum, möglichst früh Abstand zu den Abstiegsrängen zu schaffen – das ist das große Ziel.