Gebietsliga Süd/Südost

„Entweder man gibt 100 Prozent – oder man lässt es bleiben“ – Reisenberg-Trainer Mahr bemängelt Einsatzbereitschaft seiner Spieler

In der Gebietsliga Süd/Südost stehen mit dem SC Berndorf und dem SC Reisenberg wohl schon die Absteiger fest, kann man doch davon ausgehen, dass am Ende zwei Teams den Weg in die 1. Klasse angehen müssen. Seit März ist Reisenberg-Coach Michael Mahr mittlerweile tätig. Im Ligaportal-Interview spricht er über die aktuelle Stimmung bei ihm, fehlende Einsatzbereitschaft seiner Mannschaft und seine ungewisse Zukunft in Reisenberg.

„Mit so vielen offenen Baustellen im Verein habe ich nicht gerechnet“

Ligaportal: Herr Mahr, danke fürs Zeitnehmen. Wenn man die aktuelle Tabellenlage betrachtet und von zwei Fixabsteigern ausgeht – muss man sagen: Der Klassenerhalt ist für euch nicht mehr zu schaffen, oder?

Trainer Michael Mahr: Ja, das ist wohl anzunehmen.

Ligaportal: Wie gehen Sie persönlich mit dieser Situation um?

Mahr: Ich muss das selbst erst einmal einordnen. Als ich die Mannschaft im März übernommen habe, war klar, dass das eine richtig schwierige Aufgabe wird. Ich hatte mit der Kaderplanung davor ja nichts zu tun. Mich hat die Aufgabe gereizt, aber mit so vielen offenen Baustellen im Verein habe ich nicht gerechnet. Anfangs hat’s gar nicht so schlecht ausgeschaut, aber dann sind nach und nach die ganzen Probleme aufgegangen. Im Endeffekt war’s ein Himmelfahrtskommando, das ich so nicht erwartet habe. Ich komme aus der 2. Bundesliga, da war ich Vizemeister – mein Weg ging eigentlich nach oben, und jetzt muss ich das erst einmal verarbeiten.

Ligaportal: Bedeutet das auch, dass noch nicht klar ist, ob Sie bleiben?

Mahr: Genau. Ich habe immer gesagt: Die Liga ist mir grundsätzlich egal – ich habe schon in der Landesliga, aber auch in der 2. Klasse trainiert. Mir geht’s darum, dass eine Mannschaft da ist, mit der man arbeiten kann. Momentan sehe ich nicht einmal das Potenzial für die 1. Klasse. Für mich beginnt ein Kader bei 18 Feldspielern plus zwei Tormänner – und alle müssen die richtige Einstellung haben. Entweder man gibt 100 Prozent – oder man lässt es bleiben.

„Das ist Wahnsinn“

Ligaportal: Welche Probleme meinen Sie konkret – sportlich oder strukturell?

Mahr: Beides. Es gibt einen neuen Vorstand, der im Hintergrund schon aktiv ist – aber im Moment verlassen viele Spieler den Verein oder sind mit dem Kopf längst woanders. Manche haben den Ernst der Lage nicht erkannt. Die Folge: Trainingsdisziplin mangelhaft, Einstellung mangelhaft. Ich musste zuletzt vier Spieler aus dem Training entfernen, weil einfach nichts gepasst hat – und beim letzten wichtigen Spiel standen wir mit neun Spielern da. Das ist Wahnsinn. Wir reden hier von der Gebietsliga – und das sind alles Spieler, die hier spielen wollen, niemand wird gezwungen. Wer nicht will, kann auch zu einer Hobbymannschaft gehen – ganz einfach. Aber wenn man sich entscheidet, in der Gebietsliga zu spielen, dann erwarte ich auch eine gewisse Haltung.

Ligaportal: Hatten Sie anfangs noch den Eindruck, dass die Qualität grundsätzlich passt?

Mahr: Ja, genau das habe ich mir gedacht. Aber nach den ersten Trainings – und vor allem nach dem ersten Spiel – war klar: Das wird schwierig. Es hat einfach an der Einstellung gefehlt. Da waren andere Dinge wichtiger als Fußball. Und für mich gibt es das nicht. Trainingsdisziplin, Einsatz, Verlässlichkeit – das ist die Basis.

„In dieser Situation war ich nur mehr Mitfahrer“

Ligaportal: Wie ist Ihr Verhältnis zum neuen Vorstand?

Mahr: Von der Seite her ist das Verhältnis okay. Klar gibt’s wie in jeder Organisation Reibungspunkte, aber das ist nicht das Hauptproblem. Das Hauptproblem ist, was am Platz passiert – oder eben nicht passiert. Wenn das nicht passt, überträgt sich das automatisch auf alle Ebenen. Und aktuell passt es einfach nicht.

Ligaportal: Wie viel Verantwortung nehmen Sie als Trainer selbst mit?

Mahr: Ganz ehrlich: In dieser Situation war ich nur mehr Mitfahrer. Ich hatte kaum Handlungsspielraum. Wenn ich die ganze Mannschaft regelmäßig im Training gehabt hätte, wenn ich durch Leistung die Aufstellung hätte bestimmen können – dann hätte ich die Verantwortung übernommen. Aber so war es nicht. Ich hatte am Spieltag genau elf Leute – davon ein Tormann und zwei Spieler aus dem Jahrgang 2008. Das ist dann einfach nicht mehr machbar. So ehrlich muss man sein.